Audiobotschaft 22.01. 2023 zu Gal 3, 26 -28

 

Liebe Cursillistas und Hörerinnen und Hörer unserer Audiobotschaften. Heute werden wir uns mit einer der wichtigsten Bibelstellen des Neuen Testaments, das ist zumindest meine Meinung, beschäftigen. Im Brief an die Galater, Kapitel 3, Vers 26 bis 28 schreibt Paulus
folgendes:

26 Durch den Glauben und eure Verbindung mit Christus seid ihr nun alle zu mündigen Söhnen und Töchtern Gottes geworden. 27 Ihr gehört ganz zu Christus, denn in der Taufe seid ihr sein Eigentum geworden. 28 Jetzt ist es nicht mehr wichtig, ob ihr Juden oder Nichtjuden, Sklaven oder Freie, Männer oder Frauen seid. Durch eure Verbindung mit Christus seid ihr neue Menschen geworden; ihr seid in Christus alle eins und vor Gott alle gleich.“

Diese Stelle wurde über Jahrhunderte hinweg in den christlichen Kirchen nicht gelesen, sondern den Gläubigen verschwiegen.

Der hl. Paulus, den sich übrigens die Cursillo Bewegung zum Patron gewählt hat, schreibt an die Gemeinde in Galatien, in der Nähe des heutigen Ankara in der Türkei, einen Brief dessen Hauptthema die Rechtfertigung durch den Glauben und die Freiheit der Christen ist. Die Galater, der Name für die keltischen Bewohner dieser Region, sind auf dem Weg die Einhaltung der jüdischen Gesetze als Voraussetzung für das Christsein einzufordern. Für Paulus ist das ein Alarmzeichen und so schreibt er den Galatern sich wieder daran zu erinnern, was er ihnen erklärt und gelehrt hat. Allein durch den Glauben und die Verbindung zu Christus sind Sie zu Söhnen und Töchtern Gottes geworden, nicht durch die Annahme der vielen jüdischen Vorschriften und Riten. Durch die Taufe gehören sie ganz zu Christus. Das ist das Entscheidende.

Warum hat sich denn das Christentum so schnell im damaligen römischen Reich ausgebreitet? Ewas verkürzt war die damalige Gesellschaft aufgeteilt in den Adel und Hochadel, die Priesterschaft, die freien Bürger und die Sklaven. Über allem thronte der Kaiser. Wenn sich die Christen in ihren Häusern zum Brotbrechen trafen, dann passierte das, was Paulus in unserem Text weiter ausführt. „Jetzt ist es nicht mehr wichtig, ob ihr Juden oder Nichtjuden, Sklaven oder Freie, Männer oder Frauen seid. Durch eure Verbindung mit Christus seid ihr neue Menschen geworden; ihr seid in Christus alle eins und vor Gott alle gleich.“ Dieses Erlebnis der Gleichheit hat die Menschen in Scharen zu Christen werden lassen. Wir sollten nicht glauben, dass sich die Einteilung in gesellschaftliche Schichten außerhalb der Mahlfeiern der Christen aufgehoben hat. Sie blieb natürlich bestehen.

Bei Paulus stehen neben dem Wortpaar „Juden und Nichtjuden“ noch zwei Begriffspaare, die mit der sozialen Situation und dem Verhältnis von Männern und Frauen in der Gesellschaft zu tun haben. Auch hier spielt er kritisch auf gängige Slogans an, die in der Antike en vogue waren, aber auch kontrovers diskutiert wurden. Zu den Sklaven und freien Bürgern etwa schrieb Aristoteles: „Es ist klar, dass es von Natur Freie und Sklaven gibt und dass das Dienen für diese zuträglich und gerecht ist.“ Und zum Verhältnis von Mann und Frau schrieb er: „Es ist das Verhältnis des Männlichen zum Weiblichen von Natur so, dass das eine besser, das andere geringer ist, und das eine regiert und das andere regiert wird.“ Und noch einmal: „… das Männliche ist von Natur zur Leitung mehr geeignet als das Weibliche.“ (Zitat Ende)

Um was geht es, wenn wir aus einer etwas anderen Sicht auf diese Schriftstelle sehen? Es geht um „Drinnen“ und „Draußen“, d.h. um Ausgrenzung. Wer nicht zu meiner Schicht, zu meinem sozialen Status gehört, der ist draußen, ausgegrenzt und gehört nicht zu meiner Gruppe. Die Menschen in der Antike definierten sich im Wesentlichen durch die Zugehörigkeit zu ihrer Gruppe.

Bei den Versammlungen der Christen existieren die Zugehörigkeiten nicht mehr, alle sind gleich, weil sie Christus in der Taufe wie ein Kleid angezogen haben.

Wir wissen alle, dass diese Gleichheit bald wieder unterlaufen und aufgehoben wurde, die Priesterschaft bekam eine besondere Stellung, die Frauen wurden in ihren Rechten eingeschränkt und die Adeligen und Reichen genossen wieder ihre Privilegien. Darüber könnten wir noch lange diskutieren und streiten, aber ich möchte auf zwei Dinge hinweisen:

  1. In der neueren Zeit hat sich vieles verbessert und durch die Definition der Menschenrechte wurde dies auch international festgelegt. Trotzdem bleibt noch viel zu tun, denn viele Staaten haben die Menschenrechte nicht anerkannt, darunter auch der Vatikan. (Das Problem ist zuallererst Mann und Frau.)
  2. Abgrenzung und Ausgrenzung sind nach wie vor hoch im Kurs und sie werden in der Gesellschaft, von der Politik und von kirchlichen Kreisen nach wie vor vorgenommen und instrumentalisiert. Ihr könnt sicher noch viele weitere Begriffspaare finden, die zu unserer Schriftstelle passen, wie z.B. Priester und Laien, Bio-Deutsche und Ausländer, usw.

Ich kann nur dazu aufrufen, dass wir uns diesen Ausgrenzungen mit aller Klarheit verweigern, Stellung beziehen und unsere Meinung, wo immer möglich, kundtun. Die im Brief an die Galater beschriebene Wirklichkeit war eine der Initialzündungen für die Verbreitung des Christentums. Ich frage mich oft, durch was heute eine derartige Initialzündung geschehen könnte. Bis jetzt habe ich keine gute Idee. Vielleicht habt ihr eine, wenn ja, dann lasst es mich wissen.

Aus heutiger Sicht kann man feststellen, dass Paulus die Taufe als Voraussetzung für das Christsein definiert. Auch das ist eine Ausgrenzung, d.h. alle nicht Getauften sind ausgeschlossen. Meiner Meinung nach kann das jetzt großzügiger und barmherziger gesehen werden. Wie seht ihr das?

In einigen Übersetzungen unserer Bibelstelle heißt es in Vers 27, dass wir Christus angezogen haben. Pater Bernhard, ein Benediktiner Pater aus Kremsmünster, hat mir die Gebete bei der Einkleidung der Benediktiner zu Beginn des Noviziats zukommen lassen. Er betet diese auch heute noch oft, wenn er sich am Morgen anzieht: Bei der Tunika (Kittel): Zieh an den neuen Menschen, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist, damit du gerecht und heilig lebst. Beim Zingulum (Gürtel): Gerechtigkeit und Treue seien der Gürtel deiner Lenden; bedenke, dass von nun an ein anderer dich leiten und führen wird wohin du nicht willst. Beim Skapulier (Schulterkleid, Überwurf): Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Es wäre schön, wenn diese Gebete euch inspirieren und ihr sie auch öfter betet. Für uns wären es dann Hemd oder Bluse, der Gürtel und Jacke oder Mantel.

Im Lesejahr C wird obige Lesung 12. Sonntag im Jahreskreis vorgetragen, das ist der 25. Juni.

Ich wünsche euch ein gutes und gesegnetes Neues Jahr 2023.

Zum Abschluss singen wir das Lied Nr. 174: „Ihr seid das Salz der Erde”

Cursillo Josef Vilsmeier

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